Das Rote Kreuz ist allzeit bereit. Ein Artikel von Johannes Munzinger/PNP
Mit ausgearbeiteten Plänen, neuer Technologie und viel Übung wappnen sich die Retter, um im Ernstfall bereit zu sein. Ein Artikel von Johannes Munzinger/PNP
Wenn ein Katastrophenfall eintritt, dann hat eines Vorrang vor allem anderen: die Rettung von Menschenleben. Dann schlägt die Stunde der Rettungsdienste. Wie aber läuft ein Katastrophen-Einsatz ab? Und welche Technologie steht zur Verfügung? Die PNP hat beim BRK-Kreisverband Passau nachgefragt.
Die Bilder von der Flut in Ahrweiler stecken Rettungsdienstleiter Klaus Achatz und Kreisbereitschaftsleiter Jürgen Wöhnl noch in den Knochen. „Das war schon ein Schock“, sagt Wöhnl. Auf so ein blitzartiges Ereignis könne man sich gar nicht gezielt vorbereiten, sagen beide. Zu rasch kann eine Katastrophe eintreten. Dann muss schnell reagiert werden. Damit das möglich ist, bereitet sich das BRK ständig vor. „Wir haben für alles Vorplanungen“, sagt Achatz, „und wir sind gar nicht so schlecht aufgestellt“.
Wenn der „K-Fall“ eintritt, alarmiert zuerst die Integrierte Leitstelle (ILS), Landrat bzw. der OB müssen den Katastrophenfall ausrufen.
Nahezu alle Einheiten des BRK seien mit Funkmeldeempfängern ausgestattet, zudem kommt der Alarm per App und über SMS, „also analog und digital“, erklärt Wöhnl.
Damit alle wissen, was nach der Alarmierung zu tun ist, wird fleißig geprobt. Einmal im Monat gibt es einen Probealarm, der die Bereitschaft der Katastrophenschutzeinheiten (K-Einheiten) zu Land und Wasser auf die Probe stellt. Für Helfer außerhalb der K-Einheiten gibt es ebenfalls genaue Alarmpläne. Damit alle auf dem neuesten Stand sind, treffen sich die Fachdienstleiter regelmäßig, um sich auszutauschen. Und natürlich werden fleißig gemeinsame Übungen der verschiedenen Einheiten durchgeführt – und zwar organisationsübergreifend.
Wenn die ILS Alarm schlägt, schwärmen die Einsatzkräfte aus, logistisch unterstützt von den „K-Lagern“ in Schalding r.d.D. und Hauzenberg. Allen voran die Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UG-SanEL). Deren Fahrzeug sieht zwar wie ein gewöhnlicher Rettungswagen aus, ist aber eine mobile Kommandozentrale. Wöhnl bezeichnet die Gruppe als „das Nervenzentrum eines K-Einsatzes“. Von diesem Fahrzeug aus werden dann die vielen verschiedenen Trupps – die Helfer-vor-Ort-Gruppen, die elf Unterstützungsgruppen aus der Region und die Schnelleinsatzgruppen koordiniert.
Mit im Gepäck der UG-SanEL: eine hochmoderne Drohne. Fachgruppenleiter Marco Meisl ist ein Meisterpilot, er kann das Gerät fast zentimetergenau steuern und in der Luft schweben lassen, was er auf dem Parkplatz des BRK gerne demonstriert. Die Drohne ermöglicht hochauflösende Luftaufnahmen. „So können wir jederzeit ein Lagebild erstellen“, sagt Achatz nicht ohne Stolz. „Sie hat auch eine Wärmekamera, die wir bei der Vermisstensuche einsetzen.“
Damit die Retter auch dorthin kommen, wo sie gebraucht werden, kommt schweres Gerät zum Einsatz. Eines davon lässt Wöhnl wie einen Zwerg aussehen. Es ist ein 18-Tonner mit fast mannshohen Reifen, die aussehen, als könnten sie durch jedes Hochwasser pflügen und jedes unwegsames Gelände passieren.
Und wenn das Gelände doch zu unwegsam oder gänzlich unpassierbar ist für das Ungetüm? „Für solche Fälle haben wir uns aus Spendengeldern ein ATV zugelegt“, sagt Achatz. ATV steht für „All-Terrain-Vehicle“, im Grunde ist es ein besonders geländetaugliches Quad. „Damit kommen wir auch an ganz schwer zu erreichende Orte, die sonst z.B. von einer Flut oder einem Erdrutsch abgeschnitten wären.“
Das klassische Hochwasser ist aber nur einer der Katastropheneinsätze, auf die sich die Rotkreuzler vorbereiten. Ob ein entgleister Zug, eine Explosion wie jüngst in Leverkusen, ein Noro-Virus-Ausbruch auf einem Kreuzfahrtschiff oder ein Bombenanschlag auf der Dult: Das BRK bereitet sich vor.
In solchen Fällen wäre die Schnelleinsatzgruppe Behandlung gefordert. Um 25 Verletzte oder Erkrankte pro Stunde könne sie sich laut Achatz kümmern. Ebenso viele schaffe das Pendant der Malteser. „Wir könnten also im Ernstfall 50 Verletzte oder Erkrankte pro Stunde versorgen.“
Vor einer Katastrophe wie der Sturzflut in Ahrweiler gibt es keinen Schutz, es gibt keine Vorwarnung. Doch auf eines können sich die Retter vorbereiten: Darauf, dass sie im Fall eines Falles funktionieren, dass alle Räder ineinander greifen. Damit sie dann wie Wöhnl von sich sagen können: „Wenn der Alarm kommt, sind wir da. Wir halten uns immer bereit.“
Artikel und Fotos von Johannes Munzinger/PNP